Was lernen wir von Wasserbären?

Mehrere 12. Klassen unternahmen eine Exkursion nach Regensburg, um das Museum für Bayerische Geschichte und die Informationsstelle Antisemitismus zu besuchen. Anschließend stand ein Theaterbesuch auf dem Programm, der einige Überraschungen bereithielt.

Natürlich ist das Museum für Bayerische Geschichte in Regensburg längst kein Geheimtipp mehr und nicht wenige Schüler aus den Klassen B12T, B12W, F13GW und F13S haben bereits privat oder bei früheren schulischen Exkursionen die Vorzeigeeinrichtung des Hauses der Bayerischen Geschichte besucht. Wenn aber wiederum nicht wenige Schüler viel länger als die programmmäßig veranschlagte Zeit über das Trauerkleid von Elisabeth von Österreich-Ungarn („Sissi“) sinnierten oder bunte Schnupftabakgefäße („Brasilflaschln“) längst vergangener Zeiten bestaunten oder sich probeweise hinter das Lenkrad eines Goggomobils zwängten oder …, oder …, dann spiegelt sich darin nicht nur ein exzellenter museumspädagogischer Ansatz, sondern ebenso die Aufgeschlossenheit und Wissbegierde unserer FOSBOS-Schüler wider.

Natürlich ist der eineinhalbstündige Vortrag von Frau Eva Gruberová von der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) im Jüdischen Gemeindezentrum über das äußerst wichtige Thema des Antisemitismus für alle Parteien sehr anstrengend gewesen. Die Fülle an Einzelheiten überforderte den einen oder anderen Zuhörer an einem bereits recht langen Bildungstag, der am Vormittag noch vier Schulstunden auf dem Programm hatte. Recht überzeugend war der Vortrag, wenn Frau Gruberová auf häufig in Diskussionen ignorierte Selbstverständlichkeiten hinwies: Die israelische Politik wird von der israelischen Regierung verantwortet und deshalb kann man nicht die Juden, alle Juden und noch weniger deutsche Juden dafür verantwortlich machen. Von der Referentin sind jedoch nicht alle Unsicherheiten, die im Umgang mit dem heiklen Thema bestehen, ausgeräumt worden. Zwar hat Frau Gruberová den „weißen Elefanten im Raum“, nämlich den mörderischen Überfall der Hamas auf den israelischen Staat und seine Bürger sowie die massive Reaktion der Netanjahu-Regierung mit vielen Toten unter der palästinensischen Zivilbevölkerung angesprochen. Wie Kritik an der Regierungspolitik Israels, insbesondere mit Bezug auf die verheerende Situation im Gazastreifen aussehen kann, ohne sich den Vorwurf des Antisemitismus einzuhandeln, ist allerdings nicht ganz klar geworden. Deshalb konnte auch keine rechte Diskussion in Gang kommen. Und wenn dann über die gesamte Vortragszeit überhaupt keine Unruhe im Publikum aufkam, spricht das wiederum für unsere Schüler. Gewinnbringend war der Antisemitismusvortrag allemal, denn er hat bei den Schülern viele Impulse gesetzt, worauf die Lehrer bei der Nachbereitung im Unterricht, zurückgreifen konnten. Kritik an der israelischen Regierungspolitik ist nicht nur erlaubt, sondern essenziell. Dabei muss allerdings die Drei-D-Regel beachtet werden, wie Frau Gruberová beim Vorjahrestermin noch deutlicher herausgearbeitet hat. Wie man auch auf der Internetseite des Bundesbeauftragten für jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus nachlesen kann, ist jede Kritik als antisemitisch abzulehnen, die auf Dämonisierung, Delegitimierung (d. h. Verneinung des Existenz- und Selbstbestimmungsrechts von Israel) und doppelte Standards setzt. Letzteres bedeutet, dass man mit kritischem Blick die israelische Regierung betrachtet (was legitim ist), aber schlimme Verhältnisse in Diktaturen nach einem kurzen medialen Aufschrei verdrängt (was die unseriöse Anwendung von Doppelstandards belegt).

Natürlich mag es den einen oder anderen Schüler irritiert haben, wenn Schauspieler bereits vor Vorstellungsbeginn in orangefarbenen, schlafsackähnlichen Hüllen auf einer Bühne herumliegen und eine Souffleuse in ebendiesem Kostüm unter ihnen im Publikum sitzt. Denn zu diesem Zeitpunkt wissen sie noch nicht, dass es sich um Wasserbären, auf dem Weg zum Mond, handelt. Auch wenn ein Wasserbär nach der Mondlandung der Menschheit ein obszönes F-Wort hinterherschleudert, wird doch allen klar, dass die menschliche Gesellschaft auf der Folie der tatsächlich existierenden Kleinstlebewesen karikiert wird. Denn allzu menschlich reagieren die neuen Mondbewohner auf die sich stellenden neuen Herausforderungen, und zwar häufig ziemlich unreflektiert. Dies vollzieht sich in einer ins sich rotierenden Phrasensprache („Der Weg ist das Ziel!“), womit nicht nur Verunsicherung überspielt, sondern zugleich fragwürdige Handlungen legitimiert werden – eine witzig inszenierte Botschaft des Stückes. Auf einem überdimensionalen USB-Stick gesammeltes Wikipedia-Wissen verdeutlicht den Wasserbären (und dem Publikum), dass die Menschheit recht vielen Dingen wie dem Thermomix oder dem Fahrrad eine geradezu kultische Verehrung entgegenbringt.

Den meisten, aber nicht allen hat der Theaterabend gefallen. Das muss auch nicht sein. Gutes Theater liefert stets Anstöße für wichtige Diskussionen. Insofern ist der letzte Programmpunkt eine recht gelungene Abrundung unserer Regensburg-Exkursion gewesen.

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